12. Workshop "Archive von unten" pdficon_large.gif

Berlin, 31. Mai & 1. Juni 2018
Im Archiv der Jugendkulturen e.V. in Berlin

Inhalt

AG 1: Bestandsbildung, Bestandsabgrenzung und Tektonik

Werkstattberichte: Reinhart Schwarz (Hamburger Institut für Sozialforschung), Rebecca Hernandez Garcia (Grauzone im Archiv der DDR-Opposition Berlin)
Moderation: Dagmar Nöldge (FFBIZ Berlin)
Protokoll: Anne Niezgodka (afas Duisburg)

Rebecca Hernandez Garcia berichtet vom „Archiv im Archiv“: Das Archiv Grauzone umfasst Materialien der ostdeutschen Frauenbewegung (Vor- und Nachlässe von 114 Frauen, Gruppenbestände etc.) und kam 2003 ins Archiv. Zwar wurde schon damals ein Bestandsverzeichnis erstellt und das Archiv auch grob erschlossen, allerdings war eine erneute Erschließung nötig. Problematisch war z.B. dass gar keine Klassifikationen, sondern laufende Nummern vergeben wurden. Dieses System wurde aufgelöst, Bestände wurden zusammengeführt (z.B. Personenbestände) und umsortiert. Grundsätzlich sollte der Grauzone-Bestand zusammenbleiben und nicht in die restlichen Bestände integriert werden. Virtuell, mit Hilfe der Archivsoftware, wurden die Grauzone-Bestände aber mit den anderen Archiv-Beständen verknüpft. Bei der Signaturen-Vergabe wurde bedacht, dass Nachlieferungen kamen (und weiterhin kommen).

In der anschließenden Diskussion wurde erörtert, ab wann etwas Nachlass, ab wann Sammlung ist. Im DDR-Oppositions-Archiv werden auch Sammlungen nach dem Provenienzprinzip abgelegt, thematische Sammlungen, wo etwas nach Pertinenz zugeführt werden kann, gibt es nicht. Das AddF (Kassel) ist bemüht, möglichst wenig einzelne Sammlungen anzulegen. Wenn Bestände keine Ego-Dokumente enthalten, werden sie einzelnen Themen zugeordnet. Ähnlich verfahren Archiv Aktiv (Hamburg) und afas (Duisburg).

Hiernach berichtet Reinhart Schwarz von der sehr differenzierten Systematik des HIS, die die Protestbewegungen der Bundesrepublik abbildet und für die Erschließung verwendet wird. Die vielen kleineren Sammlungen, die im HIS eingehen, werden entlang der Systematik nach Pertinenz und Dokumentart abgelegt. Dabei wird jedoch durch eine Inventar-Nummer die Info mitgenommen, von wem die Sammlung stammt. Einzelbestände von Gruppen oder Personen werden nach Provenienz behandelt. Ob hier beispielsweise Zeitschriften rausgenommen werden oder beim Bestand bleiben, hängt vom Grad der Prominenz der jeweiligen Person/Gruppe ab.

In der anschließenden Diskussion erläutert Reinhart Schwarz, dass das HIS aktiv sammelt. Die Begriffe der Systematik / des Thesaurus funktionieren seit 30 Jahren, werden allerdings (selten) ergänzt und aktualisiert. Das Archiv der Sozialen Bewegungen (Hamburg) berichtet, dass es gar keinen Wert auf Provenienz legt, zumal dort nur wenig größere Sammlungen eingehen und die Material-Spenden auch oft anonym kommen. Bei vielen Unterlagen zu Repression und Justiz sei es auch besser, von der Provenienz nichts zu wissen. Im Verlauf diskutieren die AG-Teilnehmer_innen die heutige Schwierigkeit, digitale Unterlagen (Aufrufe, Flyer, Korrespondenz im Netz) zu archivieren.

Seitenanfang

AG 2: Recht und Digitalisierung

Inputs: Katrin Lehnert (Deutsches Digitales Frauenarchiv Berlin), Edyta Kopitzki (Archiv der Jugendkulturen Berlin)
Moderation: Günther Siedbürger (Hans-Litten-Archiv Göttingen)
Protokoll: Michael Koltan (Archiv Soziale Bewegungen Freiburg)

Input Katrin Lehnert (Digitales Deutsches Frauenarchiv):

Rechtklärung im Digitalen Deutschen Frauenarchiv: Vorstellung aktueller Probleme und Lösungen
Das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) ist eine Online Plattform, in der die im i.d.a. Dachverband (www.ida-dachverband.de) organisierten rund 40 Lesben-/Frauenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen ihre Materialien zur Verfügung stellen. Seit 2015 existiert bereits der META Online Katalog (www.meta-katalog.eu), in dem einrichungsübergreifend gesucht werden kann. Ab 13. September 2018 wird dann das DDF online geschaltet werden (https://digitales-deutsches-frauenarchiv.de), am 15. September organisiert das DDF dann mit dem i.d.a. Dachverband zusammen eine Sommeruniversität an der Humboldt-Universität, zu der alle herzlich eingeladen sind (www.feministische-sommeruni.de). Vom META-Katalog unterscheidet sich das DDF dadurch, dass die eigentlichen Materialien in digitaler Form online zur Verfügung gestellt werden – was das Problem der Rechte aufwirft. Das DDF delegiert dabei die Rechteklärung an die Einzelinstitutionen, die Materialien einstellen. Diese müssen selbst abklären, ob sie rechtlich befugt sind, Materialien online zu stellen. Allerdings steht Katrin Lehnert beim DDF als Ansprechpartnerin zur Verfügung, um bei der Rechteklärung behilflich zu sein; sie kann dabei auf die Unterstützung eines Anwaltes zurückgreifen.

Leider gibt es keine allgemeinen Richtlinien, dazu sind die Materialien zu unterschiedlich: graue Literatur, Plakate, Flyer, Vereinssatzungen, Objekte etc. Zudem ist gerade bei kleinen Archiven oft keinerlei Dokumentation über die Urheber vorhanden, geschweige denn eine Überlassung der Verwertungsrechte unterzeichnet. Das DDF ist dabei eine Broschüre herauszugegeben, in der die Thematik des Urheberrechtes und der Datenschutzgrundverordnung behandelt wird. Katrin stellt einige allgemeine Regeln vor: Damit das Urheberrecht überhaupt gelten kann, muss eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreicht sein, was ein gewöhnlicher Flyer meistens nicht erreicht. Wenn es sich allerdings tatsächlich um ein „Werk“ handelt, dann gilt das Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem Tod der Urheberin. Deshalb braucht es für die Veröffentlichung, wenn die Urheberin noch nicht seit 70 Jahren tot ist, ihre Einwilligung bzw. die ihrer Erben oder des Verlags, an den die Verwertungsrechte abgetreten wurden. Komplexere Fälle sind beispielsweise Broschüren, weil hier nicht allein der Verlag Urheberrechte besitzt, sondern beispielsweise auch die Fotografin der Bilder oder die Gestalterin des Layouts. Bloße Herausgeberinnenschaft reicht in der Regel nicht aus, um Urheberrechte geltend zu machen. Zudem taucht das Problem des Persönlichkeitsschutzes auf, wenn etwa Fotos von Personen online gestellt werden sollen. Bei einer Demonstration ist das nicht weiter problematisch, denn dies ist die Dokumentation einer öffentlichen Veranstaltung. Wenn aber einzelne Personen herausgestellt werden, greift der Persönlichkeitsschutz, der bis 10 Jahre nach dem Tod der abgebildeten Person gilt. Handelt es sich allerdings um satirische Verfremdung, dann gilt der Persönlichkeitsschutz nicht. Das sind nur Beispiele aus der Handreichung des DDF zu Fragen des rechtlichen Umgangs.

Grundsätzlich gilt: Digitalisierung zur Bestandserhaltung ist unproblematisch, auch die Langzeitarchivierung dieser Digitalisate wird durch das neue Urheberrechtsgesetz einfacher. Diese Digitalisate können im Archiv an Terminals genutzt werden, auch wenn sie nicht online gestellt werden können. Neben der Broschüre zur rechtlichen Fragen der Digitalisierung ist ein Vertragsgenerator zur rechtlichen Absicherung in Arbeit. Ein Generator deshalb, weil die Rechtslage in den einzelnen Institutionen so unterschiedlich ist, dass ein Standardvertrag nichts nützen würde. Dieser Generator ist inzwischen online: (http://www.ida-dachverband.de/ddf/vertragsgenerator) Fragen, Antworten und Diskussionsbeiträge Wie ist es mit den Rechten der auf Fotografien Abgebildeten? Hier gelten Persönlichkeitsrechte bzw. das Kunsturhebergesetz. Dadurch ist die Abbildung bis 10 Jahre nach dem Tod der Abgebildeten geschützt. Wie gehe ich mit Collagen um? Hier müssen alle Quellen angegeben werden, auch bei Creative Commons Lizenzen. Rechte werden nie in Gesetzen geklärt, sondern erst die Auslegung der Gesetze vor Gericht ist entscheidend. Deshalb können dem Archiv feindlich gesonnene Personen auch das Urheber- und Persönlichkeitsschutzrecht nutzen, um dem Archiv zu schaden – insofern sollte man sich nicht zu sehr auf guten Willen verlassen, auch wenn in der Praxis sicherlich nie alle Rechtefragen geklärt werden können. Auf die erneute Frage nach der Schöpfungshöhe wurde konkretisiert, dass eine eigenständige Leistung der Urheberin nachgewiesen werden muss. Es wird auf ein Problem bei der Rechteklärung hingewiesen, dass die Urheberinnen möglicherweise einer Veröffentlichung zustimmen, dass sie aber in der VG Wort oder VG Bild und Kunst organisiert sind, dann ist eigentlich nichts zu machen, da die von diesen Verwertungsvertretungen erhobenen Gebühren definitiv zu hoch sind.

Input Edyta Kopitzki (Archiv der Jugendkulturen):

Rechtliche Fragen Social Media Research Archive
Das Social Media Research Archive (SOMERA) wurde vom Archiv der Jugendkulturen ins Leben gerufen, weil sich vieles, was Jugendkulturen betrifft, inzwischen im Netz abspielt. In SOMERA sind vor allem Materialien aus dem Bereich Rechtsextremismus dokumentiert, was zu Beginn recht freizügig gehandhabt wurde, inklusive Chatverläufe aus internen Foren von Rechtsextremisten. Deswegen stellt sich im Licht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Frage, inwieweit das überhaupt legal ist. Dabei geht es weniger um Fragen des Urheberrechtes, sondern vielmehr um Fragen des Persönlichkeitsschutzes. Die juristische Beratung ist in derartigen Dingen ziemlich teuer, wobei die Referentin darauf hinwies, dass die Kanzlei Bramberg (https://www.medienrechtberlin.de) auch pro bono Beratung anbietet. Das Archiv der Jugendkulturen hatte das Glück, im Rahmen der Förderung durch das Familienministerium ein Rechtsgutachten anfertigen lassen zu dürfen.

Gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), dürfen Daten nur für „festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden“. Das Rechtsgutachten kommt dabei zu der Einschätzung, dass dies immer in einer Einzelfallprüfung entschieden werden muss. Dies orientiert sich vor allem an einem langfristigen Erkenntnisgewinn, der über die Archivwürdigkeit entscheidet. Grundsätzlich ist die Notwendigkeit der Archivierung durch das wissenschaftliche Interesse an den Materialien zu Zwecken der Forschung, der Bildungs- und Präventationsarbeit gegeben. Nicht gespeichert werden dürfen Materialien aus geschlossenen Gruppen, Materialien, die Dritte oder Kinder betreffen und Angaben zu strafrechtlichen Sachverhalten.

Die Verarbeitung der Daten in einer Datenbank ist nach DSGVO zulässig, wenn sie zur „Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen“ nötig ist. Dieses Interesse ist durch den Archivzweck als solchen gegeben, der ein öffentliches Interesse darstellt, nämlich den, die Monopolisierung der Geschichtsschreibung zu verhindern. Ein besonderes Problem stellt die folgende Bestimmung der DSGVO dar: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen […] politische Meinungen […] hervorgehen […] ist untersagt.“ Allerdings sieht die DSGVO Ausnahmen vor, nämlich „für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke“. Zudem sind die in SOMERA gespeicherten Daten weniger öffentlich als sie es im Internet waren, da nur ein begrenzter Nutzerinnenkreis darauf zugreifen darf. Außerdem ist die Dokumentation politischer Meinungen demokratiestärkend und unterliegt daher nicht dem Persönlichkeitsrechtsschutz.

Das Gutachten stellte aber auch fest, das technisch-organisatorische Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Datenbank vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Zu den technischen Maßnahmen gehört, dass die Datenbankserver abgeschlossen sein müssen, die Daten verschlüsselt abgelegt werden, der Zugriff über ein eigenes Netzwerk erfolgt und dass der Zugriff nur innerhalb der Archivräume erfolgen darf. Daraus ergibt sich praktisch ein Problem für Sicherungskopien, die eigentlich außerhalb gelagert werden müssen. Organisatorische Maßnahmen sind dann die regelmäßige Sensibilisierung Mitarbeiterinnen und Nutzerinnen, die Benennung einer Datenschutzbeauftragten und Zugangsbeschränkung, die ein klares Berechtigungskonzept implementieren.

Ein weiteres echtes Problem stellen die Auskunftsrechte der Betroffenen dar. Eigentlich kann nach DSGVO jeder Neonazi darüber Auskunft verlangen, welche Daten über ihn gespeichert sind. Derartige Auskunftsanfragen können mit dem Hinweis abgeschmettert werden, dass für Archive der Verwaltungsaufwand zu hoch ist, insbesondere da die Daten nicht personenbezogen erschlossen sind. Deshalb sollte man in solchen Fällen ein juristisch abgesichertes Standardschreiben vorbereitet haben, um nicht durch eine bösartige Flut von Auskunftsersuchen lahmgelegt zu werden.

Fragen
Es wurde Interesse am Nutzerkonzept gezeigt: SOMERA verfügt über verschiedene Nutzertypen, die einzelne Nutzerin wird einem Typus zugeordnet. Je nach Typ werden dann die Daten unterschiedlich gefiltert, so dass eine feingranulare Steuerung des Zugriffs möglich ist. Es wurde noch über die Differenzen zwischen Klagen und Abmahnungen diskutiert. Außerdem wurde erwähnt, dass eine Datenschutzprüfung als Drohung für unliebsame Archive im Bereich des Möglichen liegen könnte.

Seitenanfang

AG 3: Was tun mit digitalen Dokumenten?

Offene Gesprächsrunde mit Inputs von Anke Spille und Marius Zierold (Deutsches Digitales Frauenarchiv Berlin) Moderation: Anne Vechtel (Archiv Grünes Gedächtnis Berlin), Rebecca Hernandez Garcia (Archiv der DDR-Opposition Berlin)
Protokoll: Eva Sander (Archiv Grünes Gedächtnis Berlin)

Berichte aus den Archiven: Wie wird mit Digitalisaten oder digitalen Unterlagen umgegangen? Gibt es welche? Gibt es eine Strategie? Wird digitalisiert?

Probleme der Archive: Herausforderungen:

  • Gründe für Digitalisierungen: Zugänglichkeit/Auffindbarkeit, Bestandserhaltung
  • Wie (Format) und wo (Datenträger) sollen Digitalisate am besten gespeichert werden?
  • Urheber_innen- und Nutzungsrechte müssen geklärt werden
  • Wie können die Daten bereitgestellt werden? Arbeitsplatz im Lesesaal nur zum Lesen, aber nicht zum Speichern?
  • Wie können die Daten langzeitarchiviert werden? Gibt es Richtlinien?
  • Technische Probleme: Digitalisierung von älteren Medienformen im Haus oft nicht möglich, externe Digitalisierung aber zu teuer
  • Personelle Probleme: Entweder kein Personal für die Digitalisierung oder kein Personal, das nach der Digitalisierung die Zeit hat, die entstandenen Dateien zu bearbeiten und zu erschließen
  • Meist projektbezogene Digitalisierung, keine systematische, stetige Digitalisierung

Diskussion mit den Mitarbeitenden des Deutschen Digitalen Frauenarchivs:

  • Empfehlung für die Datenspeicherung: NAS
  • Rechtlich ein Unterschied: Nutzung im Archiv vs. online stellen
  • Langzeitarchivierung: Standard-Formate nutzen, Empfehlungen: nestor-Papiere zur Langzeitarchivierung, DFG-Standards
  • Erschließung: Benötigt man eine Archivsoftware für die professionelle Arbeit in Archiven? Was tun, wenn die Kosten dafür zu hoch sind?
  • Strategie für die Digitalisierung! Was „lohnt“ sich wirklich zu digitalisieren? Was passt wirklich ins Sammlungsprofil? Handelt es sich um ein Unikat oder könnte es auch noch woanders sein?

Seitenanfang

AG 4: Kampf um Staatsknete – (Projekt-)Finanzierung und Institutionalisierung

Inputs: Olaf Weißbach (Archiv der DDR-Opposition / Robert-Havemann-Gesellschaft Berlin) , Roman Klarfeld (FFBIZ – das feministische Archiv Berlin), Daniel Schneider (Archiv der Jugendkulturen Berlin)
Moderation: Jürgen Bacia (Archiv für alternatives Schrifttum Duisburg)
Protokoll: Cornelia Wenzel (Archiv der deutschen Frauenbewegung Kassel)

Input Olaf Weißbach (Archiv der DDR-Opposition):

Olaf Weißbach weist als erstes daraufhin, dass er den Begriff Staatsknete für nicht zutreffend hält – es geht ja nicht um Geld des Staates, sondern um das der Steuerzahler_innen, also letztlich um unseres. Die Archive der DDR-Opposition wurden seinerzeit gegründet, weil staatlicherseits kein Interesse an der Bewahrung der Geschichte dieses Widerstandes auszumachen war. Von Anfang an wurde staatliche Finanzierung angestrebt und entsprechend intensive Lobbyarbeit auf Bundes- und Landesebene betrieben. Die Finanzierung läuft bisher auf Projektbasis durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und durch die Beauftragten für die Stasi-Unterlagen. Dafür müssen Kriterien erfüllt sein wie öffentliche Zugänglichkeit der Bestände, Einhaltung von Erschließungsstandards und professioneller Umgang mit den Unterlagen. Seit einigen Jahren wird über eine nachhaltige Absicherung der Förderung verhandelt. Das hat dazu geführt, dass diese Absicht im Koalitionsvertrag 2013 festgehalten wurde, sie wurde aber noch nicht umgesetzt. Derzeit steht als Möglichkeit eine Dauerförderung im Raum, das ist ein offenbar nur in Berlin bzw. auf Bundesebene vorhandenes Fördermodell, das einerseits auf Dauer (und nicht mehr auf Projektbasis) angelegt ist, andererseits aber nicht die Nachteile einer institutionellen Förderung nach sich zieht, wie Vertretung des Staates in den Gremien der RHG oder die Durchsetzung von Personalstellen usw. Diese Dauerförderung ist als gemeinsame Bund-Land-Förderung von BKM und Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten gedacht.

Input Roman Klarfeld (FFBIZ):

Beim FFBIZ werden seit längerer Zeit die Miete und 2 Teilzeitstellen als Projektförderung vom Senat finanziert, allerdings mit festen Summen ohne Angleichung an steigende Kosten. Es muss jährlich beantragt werden, die Zusage beläuft sich aber immer auf zwei Jahre (2-Jahreshaushalt in Berlin). Der Eigenanteil beträgt fest 2.500,- Euro; dafür können Spenden, andere Zuschüsse, aber auch unbezahlt geleistete Arbeitsstunden eingerechnet werden. Neben dieser Förderung werden ggf. weitere Projekte bei anderen Senatsabteilungen oder auch z.B. bei der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft beantragt, allerdings immer erst, wenn vorab Kontakt aufgenommen und entsprechende Lobbyarbeit gemacht wurde und absehbar ist, dass der Antrag auch Chancen hat.

Input Daniel Schneider (Archiv der Jugendkulturen)

Das AdJ erhält seine Hauptförderung traditionell über Projekte des BMFSFJ, allerdings für die Bildungsarbeit, nicht fürs Archiv. Ein großes Archivprojekt wurde bis Ende März 2016 von der Berliner Lotto-Stiftung gefördert, dort läuft nun seit fast zwei Jahren ein weiterer Antrag, der mehrfach zurückgestellt, mittlerweile aber grundsätzlich bewilligt wurde, eine weitere, dann endgültige Entscheidung steht nach Nachbesserungen noch an. Das AdJ ist deshalb zur Zeit in einer wirklich existenziellen Krise. So wird auch Kofinanzierung der Eigenanteile im Bildungsbereich immer schwieriger und der Verwaltungsaufwand steigt immens. Die Lage ist ernst. (Anmerkung Daniel Schneider: am 1. Juni 2018, dem Tag, an dem auch das Panel stattfand, wurde der Antrag endgültig bewilligt und das Projekt konnte mittlerweile starten, die Lage hat sich dadurch deutlich entspannt.)

Diskussion

In der Diskussion wird die Unterschiedlichkeit der Förderung von Bund und Ländern thematisiert; auch zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es offenbar erheblich unterschiedliche Bedingungen was die Ausprägung der Förderarten (Projektförderung, Dauerförderung, institutionelle Förderung), deren Definition und Auswirkungen angeht. Auch die Höhe des Eigenanteils und was als solcher anerkannt wird, ist höchst unterschiedlich. In Berlin wird unbezahlte Arbeit anerkannt, in Hessen nicht. Ebenso wenig einheitlich scheint zu sein, ob und inwieweit Rücklagen von Vereinen akzeptiert werden. Hier reicht das Spektrum von unbegrenzt bis nur mit Begründung, wofür. Es empfiehlt sich wohl in jedem Fall, dass Vereine, die in der Lage sind, Geld zurückzulegen, als Vorstandsbeschluss protokollarisch festhalten, wofür es in welcher Höhe gedacht ist (z.B. zur Überbrückung von Haushaltssperren, für Mietzahlungen in Zeiten ohne Förderung, zur Abwicklung des Vereins, wenn er Insolvenz anmelden muss etc.), um damit der Gefahr zu entgehen, dass Förderung nicht gewährt wird, solange das eigene Kapital nicht aufgebraucht ist. All diejenigen, die an Staatsknete interessiert sind, müssen sich auf jeden Fall vor Ort in ihrer Stadt bzw. ihrem Bundesland über die Bedingungen kundig machen, Erfahrungen anderer sind hier nur begrenzt übertragbar. Entscheidend ist aber in jedem Fall die Lobbyarbeit auf politischer Ebene, also die Kontakte und Gespräche mit z.B. Landtagsabgeordneten, die sich dann für die Bewilligung des Antrags einsetzen. Einfach einen Antrag loszuschicken ist so gut wie immer aussichtslos.

Seitenanfang

Abschlussrunde

Protokoll: Cornelia Wenzel (Archiv der deutschen Frauenbewegung Kassel)

Abschlussplenum

Gabi Rohmann (Archiv der Jugendkulturen) erläutert noch einmal kurz die Situation des Archivs der Jugendkulturen am Standort Fidicinstrasse in der Gemengelage von Eigentümer, Denkmalschutz und Initiativgruppe.

Jürgen Bacia berichtet aus dem AK Neue Soziale Bewegungen im VdA. Dort haben erste Versuche einer praktischen Umsetzung des Positionspapiers gezeigt, wie dick die Bretter sind, die es noch zu bohren gilt. Weder in der KLA (Konferenz der Landesarchivdirektionen) noch in der KMK (Kultusministerkonferenz) sind unsere Ideen auf Gegenliebe gestoßen. Der AK wird nun neue Strategien und Überzeugungskonzepte entwickeln.

• Das Protokoll des Workshops wird von Daniel Schneider (Archiv der Jugendkulturen) zusammengestellt. Alle Protokollant_innen sollen ihm ihre Teilprotokolle bis Ende Juni schicken.

• Feedback zum Workshop: Einige, die zum ersten Mal dabei waren, äußern sich zufrieden, geben aber die Anregung, auch mal in kleineren Gruppen, evtl. zu spezielleren Themen zu arbeiten. Vom Archiv der Sozialen Bewegungen Hamburg kommt der Vorwurf, der Workshop sei zu unpolitisch; der Vertreter wird eingeladen, sich in der Vorbereitungsgruppe für nächstes Jahr mit einzubringen, um das zu ändern.

• Vorschläge für AGs und Themen 2019: Umgang mit Transparenten (Vorschlag von Holger Isabelle Jänicke, Archiv Aktiv Hamburg) Rund um Digitalisierung, je nachdem was gerade ansteht (Angebot von Marius Zierold, DDF Berlin) Inhaltliche Digitalisierungskonzepte (Vorschlag von Anne Vechtel, AGG Berlin, und Hermann Bach, Umbruch Bildarchiv Berlin) Archivierung von Websites, Listen etc. (Austausch, Absprachen, techn. Beratung, Kooperationen) Austausch über den politischen Anspruch der einzelnen Archive

• Vorbereitungsgruppe 2019 Anne, Dagmar, Daniel, Jürgen, Rebecca, Simon

• Es wird noch einmal diskutiert und abgestimmt, ob der Workshop Do/Fr oder Fr/Sa stattfinden soll. Das Ergebnis ist nicht eindeutig: 13 für Do/Fr, 11 für Fr/Sa, allen anderen (ca. 12 bis 15) ist es egal. Es wird festgelegt, im nächsten Jahr die Variante Freitag/Samstag auszuprobieren, der Termin ist dann also: 21. und 22. Mai 2019 im Archiv der Jugendkulturen

Seitenanfang